Längst haben wir es uns im digitalen Zeitalter gemütlich gemacht. VHS-Kassetten und Polaroid-Kameras sind romantisch verklärte Memes – und je länger, umso häufiger wird auch physische Präsenz durch virtuelle ersetzt. Wieso also sollte man heute noch einen "Tag der offenen Tür" veranstalten?
Viele GeschäftsinhaberInnen scheinen das so zu sehen, denn eine kurze Google-Recherche zeigt, dass ein "Tag der offenen Tür" eher von öffentlichen Organisationen, wie dem Zoo oder Schulen veranstaltet wird als von kommerziellen Betrieben. Nachfolgend bestehe ich darauf, dass es auch für letztere eine gute Idee sein kann und führe aus, wie man einen TDOT auch im Jahre 2022 für sein Business nutzt.
Da die sozialen Medien, Behind-the-scenes- und Backstage-Aufnahmen nicht erst seit gestern existieren, wissen die meisten vermutlich intuitiv, dass ein "Tag der offenen Tür" eine gute Idee ist – Rücken wir uns die Gründe dafür doch einmal wieder ins Bewusstsein:
Eines der am höchsten priorisierten Ziele eines Unternehmens – und das ist eine Binsenweisheit – ist es, eine Beziehung zum Klientel aufzubauen. Kunden geben ihr Geld am liebsten bei den Menschen aus, die sie mögen.
Auch wenn ein Kunde oder eine Kundin wegen eines Tages der offenen Tür noch lange nicht in Ihrem Team mit anpackt, so fördern Einblicke hinter die Kulissen durchaus ein diffuses Gefühl von Zugehörigkeit. Dieser Aspekt sollte im Zentrum der Veranstaltung stehen.
Selbstverständlich hat ein "Tag der offenen Tür" aber übergeordnet starke Branding-Qualitäten: Du kannst Firmenwerte vermitteln und auch Ihre Produkte und/oder Services und Ihre Corporate Identity sind sichtbar in Ihrem Betrieb, optimalerweise auch Teil Ihres Event-Programms.
Es geht natürlich nicht darum, die Menschen von der Strasse in Ihre Bäckerei zu winken, um ihnen in der Backstube den Schwingbesen zum ablecken zu geben. Oder darum, dass sie in deiner Druckerei den Knopf drücken können und in Gruppen dem Printer bei der Arbeit zusehen.
Ein "Tag der offenen Tür" muss gestaltet werden. Überlege dir, welche Aspekte der Arbeit in deinem Geschäft spannend sind und hebe diese hervor. Erstelle Programmpunkte. Sei kreativ und mutig darin, diese zu präsentieren. Dabei darfst du durchaus spielerische Aspekte einbauen.
Mach nicht den Fehler, zu erwarten, dass die Leute sowieso kommen. Mobilisiere auf deinen üblichen Marketing-Kanälen:
Je nach Zielsetzung könnten Micro-Influencer auch eine gute Option sein. Wende dich dafür und gegebenenfalls auch für eine grösser angelegte Kampagne an eine Agentur, falls es in dein Budget passt.
Denke besonders auch an Zielgruppen wie Schulen. Der "Tag der offenen Tür" wird gerne von LehrerInnen als Gelegenheit genutzt, den Unterricht abwechslungsreich zu gestalten.
Wir haben heute einen entscheidenden Vorteil gegenüber der pre-Internet-Ära. Beispielsweise hättest du im Mittelalter einen "Tag der offenen Tür" in deiner Schwertschmiede durchführen können, aber nur aus dem Potential der lokalen Umgebung und dem Veranstaltungstag selbst schöpfen können.
Heute hast du jedoch den Vorteil, auf den sozialen Medien ein live-Video zu streamen. Entweder mit dem Handy oder sogar mit einer 360°-Kamera, die seit Jahren Livestreams auf den gängigen Social Media-Kanälen erlauben.
Dein Publikum kann somit nicht nur von weiter entfernt an deinem "Tag der offenen Tür" teilnehmen, sondern virtuell auch noch für unbegrenzte Zeit danach, da die Social Media Plattformen die Livestreams aufzeichnen und sie als Videos abrufbar auf deinem Account zur Verfügung stellen.
Verlinke das Video auch auf Ihrer Webseite. Lass es gegebenenfalls zu einem attraktiven Kurzclip mit unterlegter Musik zusammenschneiden.
Verwechsle den Event auf keinen Fall mit einer Verkaufskampagne. Lege allenfalls ein Formular auf, in das man freiwillig und unaufgefordert die E-Mail-Adresse eintragen kann. Passive Leadgewinnung ist okay. Alles andere wird die BesucherInnen eher abschrecken.
Im Gegenteil, einer der beliebtesten Marketingtricks zieht auch hier: Hast du Vergünstigungsgutscheine oder sogar Gratis-Muster? Nutze diese, um die Erfahrung für deine Kunden und Kundinnen positiv zu verknüpfen.
Ganz im Ernst: Es kann gut sein, dass dein Betrieb keine gute Ausgangslage dafür bietet, zu einem TDOT einzuladen. Sicherlich ist es beispielsweise eine Herausforderung für einen Metzgerbetrieb oder eine Versicherungsgesellschaft. Während das Eine möglicherweise zu unappetitlich oder zu gefährlich ist, ist das Andere vielleicht zu langweilig.
Gib dir aber einige Tage die Chance, darüber nachzudenken, oder eine Agentur darauf anzusetzen. Vielleicht wirst du ja von den Profis mit einer perfekt geeigneten Idee überrascht?
Im Grunde kann man das Modell des "Tag der offenen Tür" auch einfach um des Events Willen durchführen. Der grösste Wert liegt jedoch klar in dessen Nutzung als Content für die online-Präsenz. Wenn du darauf verzichtest, kann sich das Kosten/Nutzen-Verhältnis ungünstig verschieben.